Das Altarwunder von Lautenbach
Lautenbach im Renchtal besitzt wohl die an edlen Kunstwerken
reichste spätgotische Dorfkirche in Baden. Man weiß nicht,
wer die Altarwunder von Lautenbach geschaffen. Man nennt Hans
Baldung Grien, den Schöpfer der Hochaltarbilder im Münster
Unserer Lieben Frau zu Freiburg. Bei den alten Glasfenstern des
Chores, die von dem Straßburger Meister Hans Wild stammen,
soll der junge Grünewald Mitarbeiter gewesen sein. Die Madonna überm
Portal wird Niklas van Leyden zugeschrieben. Doch all das ist
nicht wichtig. Wichtig ist: wir haben hier, in der Stille eines
Schwarzwaldtales, eine Stätte hoher Kunst, die man mit Stuppach
im Taubergrund, wo sich Grunewalds berühmte Madonna befindet,
vergleichen kann.
Von Durbach kam man durchs Botenauer Tal nach Oberkirch. Dann
gings ins Renchtal hinein, ins Tal der Kirschen und des Kirschwassers.
Am Ortsausgang des Dorfes Lautenbach liegt die berühmte
Dorfkirche, welche die Mönche von Allerheiligen erbauten,
nachdem ihre Klosterkirche im Jahre 1470 durch Feuer zerstört
worden war. Eine zeitlang hatten die Mönche die Absicht,
das Kloster nach Lautenbach zu verlegen; sie kamen von ihrem
Plane ab. Allerheiligen entstand neu. Die Lautenbacher „Notkirche" wurde
zur berühmten Wallfahrtskirche.
Doch lassen wir das Wunder dieser Kirche auf uns
wirken. Hohe gotische Netzgewölbe mit kunstvollen Wappensteinen!
Durch den prachtvollen Lettner Blick auf den Hauptaltar! Magisches
Licht fällt auf Bilder und Figuren. Mittelpunkt ist die
Madonna: eine spätgotische deutsche Frau. Eine Gestalt aus
dem Diesseits; dennoch voll verklärter Gottesinnigkeit.
Das lächelnde Gotteskind trägt sie auf dem Arm. Von
feinem gotischen Rankenwerk gekrönt, stehen ihr Johannes
der Täufer und Johannes der Evangelist zur Seite. Auf den
Altarflügeln: die Geburt, die Anbetung, die Beschneidung
des Gotteskinds. Welche Feinheit in Farben und Formen! Man vergisst
den Alltag. Man ist ganz hingegeben dieser Schöpfung frommer
Kunst. Bienen umsummen das Gotteshaus.