Sommerabend in Kappelrodeck
Schön ist die Fahrt durchs Land.
In Moesbach sieht man blühenden Dachwurz allenthalben
auf den Wetterdächlein. Er soll das Haus vor Blitz und Ungewitter
schützen. Die Rekruten hängen den mit Bändern
bunt geschmückten Rekrutenbaum aus dem Fenster jenes Wirtshauses,
in welchem sie das herkömmliche Rekrutenmahl abhalten.
Malerisch liegt Waldulm in einem Seitental der Acher. Wuchtig
steht die aus rotem Sandstein erbaute Pfarrkirche neben dem „Pfarrberg",
dem berühmten Waldulmer Weinberg, der sich im Besitz der
badischen Bauernkammer befindet. Voller Stolz erzählt mir
eine Bäuerin, dass in Waldulm der beste badische Spätburgunder
gedeiht. Im Abenddämmer kam ich nach Kappelrodeck, das zu
Füßen des Schlosses Rodeck zwischen Rebhügeln
und Obsthainen im „Kappler Tale" liegt. Dieser Marktflecken
ist nicht nur durch seinen Wein und seine Industrie — Besen
und Krepppapier werden fabriziert, große Steinbrüche
gibt es — sondern auch durch seine Fastnacht berühmt.
An Fastnacht gehen die Kappelrodecker „Schudi" um,
die „Spättler", die „Fledermäuse",
die „alten Hexen". Stoffe aus der heimatlichen Geschichte
und Sagenwelt bringt man auf dem kleinen Marktplatz zur dramatischen
Aufführung. Dorf und Burg haben eine reiche Geschichte.
Vierhundert Jahre saßen die Röder von Rodeck auf der
Kappler Burg, zweihundert Jahre die Herren von Neuenstein. Obergerichtsrat
Schliephake ließ den alten Herrensitz 1880 zu einer „modernen
Burg" umbauen.
Es ist schön, am Abend vom Marktplatz durch Weinberge und
Obstbaumwälder emporzusteigen zum Schloß. Durch den
Zinken Diefenbach kommt man, wo die kleinen Weinbauern und die
Taglöhner wohnen. Mit einem Kuhgespann führen die fleißigen
Winzer noch zu später Stunde Dung in den Weinberg; tragen
ihn von: Wagen Butte für Butte an die Weinstöcke. Bis
die Nacht ihre dunklen Tücher über die Welt legt, wird
im Weinberg gearbeitet. In Gottes Frühe beginnt das Tagewerk
von neuen,. Es kostet manchen Tropfen Schweiß, bis der
berühmte „Kappler Rote" im Becher schäumen
kann.
Man kehrt ins Städtchen zurück. Vor der
gotischen Kirche steht groß und ernst, vom Mondlicht umflossen,
das Mal für die Helden des Tales.