Neusatz und Neusatzeck
Terrassenförmig klettert, in einer Ausdehnung von nahezu
zwei Stunden, ein Dorf das steile Tal hinauf, das, wie sein Name
verrät, erst verhältnismäßig spät gegründet
wurde: Neusatz. „Waldsteg" heißt der Ortsteil,
in welchem sich Rathaus, Schule und Kirche befinden. Es ist eine
einzigartige Kirche, ganz aus Granit gebaut. Sie ist Sankt Alban
geweiht, in Erinnerung an Alban Stolz, den Volksschriftsteller,
der von 1835 bis 1841 als junger Kaplan hier wirkte. Er wohnte
im Pfarrhaus, einem ehemals markgräflich badischen Wasserschloss.
Von Waldsteg steigen wir empor. Heuwagen fahren zu Berg, mit
vier Kühen bespannt. Steil ist der Weg. Das Heu muss draußen
in der Ebene geholt werden. Neusatz ist arm an Wiesen, arm an Äckern.
Der Weinbau — man baute hier in den letzten Jahren fast
nur Amerikanerreben — ist wenig einträglich. Die Neusatzer
Bauern müssen zum großen Teil als Holzhacker und Wegarbeiter,
in Sägewerken oder in der Industrie tätig sein, um
ihre Familien ernähren zu können. In jüngster
Zeit wurden durch Erdbeer-, Himbeer- und Frühzwetschgenpflanzungen
neue Einnahmequellen erschlossen. Trotz der bescheidenen Verhältnisse
sind die Neusatzer Häuser schmuck. In kunstvoll geschnitzten
Blumenbrettern prangt eine Fülle von Blumen an jedem Fenster.
Nun sind wir droben in Neusatzeck, im „Obertal",
wo sich das „obere Schulhaus" und die von Josef Bäder
begründete Klosterwelt befindet, mit der ein Kurhaus verbunden
ist. Wie schön liegt das Dorf uns zu Füßen; seine
Weinberge und Wälder. Aber die Häuser der Siedlung
klettern immer noch weiter hinauf bis zum Kamm der Berge. Auf
dem Weideland wird das Vieh gehütet; Beerenfrauen kommen
uns entgegen.
Neusatz zählt in die Reihe der deutschen Notstandsgemeinden;
landschaftlich aber zu den Kostbarkeiten der Ortenau und des
Grenzlandes Baden.