In einer Schwarzwälder Harzsiederei
Im Renchtal gab es vor wenigen Jahrzehnten noch zahlreiche Fichtenharzsiedereien.
Heute ist nur noch eine im Betrieb. Es mag die letzte im Schwarzwald,
die einzige in Süddeutschland sein. Sie befindet sich in
Löcherberg, das zur Gemeinde Ibach zählt, an der Stelle
wo die ins Kinzigtal führende Gebirgsstraße das Renchtal
verlässt.
Der Besitzer der Harzsiederei, der Pflugwirt Josef Huber, berichtet,
dass früher auf jedem Schwarzwaldhof gesotten wurde. Später
lieferte man dasselbe an die Pechfabriken. Das Harz brachte mehr
Geld als das Holz.
Drei Lierbacher Waldbauern liefern das Harz an unsere Siederei.
In einer bestimmten Höhe reißen sie mittels des Harzbeils
die Fichten an. In dem „Harzkorb" wird das Harz aufgefangen.
Durch die Harzentnahme verliert das Holz freilich an Wert; in
kurzer Zeit wird das Holz rot und morsch. In einem großen
Kessel wird das Harz, mit Wasser vermengt, aufgekocht; sodann
zur Filtrierung durch den „Harzsack" gepresst. Die
dabei gewonnenen Rindenrückstände können zur Kienrußbereitung
verwendet werden. Nun erfolgt der zweite Sud. Aus reinem Fichtenharz
wird das von Obstzüchtern hoch geschätzte ,,Zweigharz" gewonnen,
das weder bei Kälte noch bei Hitze springt. Durch entsprechende
Zutaten entsteht das Brühpech; es ist goldklar wie Bernstein.
Die Metzger brauchen es. Ferner stellt man Pech für Sattler
und Schuster her. Das Brauerpech, früher ein Hauptprodukt
der Renchtäler Harzsieder, wird heute zumeist in Großbetrieben
erzeugt. Unserer Harzsiederei ist eine Kienrußfabrik angegliedert,
die an Bedeutung verloren hat, seitdem man Kienruß aus
Anthrazenrückständcn billiger herstellen kann.
Von Ende August bis Ende Mai dampfen die Harzkessel in Löcherberg.
Da das Reich jährlich für 14 Millionen Reichsmark Harz
und Pech aus dem Ausland einführen muss, ist eine Wiederbelebung
der deutschen Harzgewinnung zu wünschen.
Es ist schön, solch bodenständigem Gewerbe zu begegnen.