Das Reisetagebuch meiner Großmutter

4. und 5. September 1937 Quer durch den Harz
4. Sept. ¾ 3 Uhr kmst.35837 Leipzig - Halle-Eisleben
Sangerhausen - Nordhausen,
Günzerrode - Bad Lauterberg,

Odertalsperre-Braunlage, (3/4 8 Uhr)
Teil 6: Vom Dammhaus über Thale nach Leipzig
5.Sept. ½ 8 Uhr kmst.36066 Elend-Schierke-Brocken,(3/4 9Uhr)
Schierke-Dreitannenhohne,
Wernigerode-Ilsenburg-Harzburg,
Goslar
-Bockswiese-Hahnenklee,
Claustal-Zellerfeld
-Dammhaus,
Braunlage-Elend-Elbingerode,
Rübeland-Altenbrak-Treseburg,
Rosstrappe( 1km seitlich )
Thale-Süderode-Ballenstedt,
Ermsleben-Aschersleben,
Alsleben-Könnern-Halle-Leipzig
km 36406

In alter Frische ging es nun also weiter und die Stimmung wurde froh und immer froher. Es wäre eine dumme Geldausgabe geworden! Es ging sogar bald gewaltig wieder hinauf, was der brave alles wieder spielend machte. Wir fuhren nur am Dammhaus vorüber, sonst immer im Wald bis Braunlage. Über die Achtermannshö-he kamen wir herein, daher die gewaltigen Steigungen. Die Strasse ist neu verbreitert und sehr schön, aber es war viel Verkehr, drum ist der Bau der neuen Strasse auch nötig gewesen. In Braunlage war nun am Nachmittag Ziemlicher Betrieb. Bis Elend fuhren wir das gleiche Stück wie am Morgen und und dann nach Elbingerode. Hier teilte sich die Strasse, entweder nach Blankenburg, wo wir schnell aus den Bergen Herausgewesen wären oder nach Thale, wo wir noch einmal in ein Zentrum kamen. Wir hatten mit der Panne mindestens eine Stunde vermehrt, fuhren aber dennoch über Rübelandgen Thale. Bei Rübeland kamen wir ins Bodetnal und somit in viel Sonntagsbetrieb. Die Höhlen in R. waren umlagert von Autos und Fussgängern. Wir mussten sie uns schenken, sahen aber kleine Höhlen in den Felsen von der Strasse. Reizend ging es an der Bode entlang nach Altenbrak, wo wir günstig in einem Kaffeegarten endlich Kaffee trinken konnten und das Wrack des Pflaumenkuchens austeilten. Ich hoffte den stillen Vater wieder in Stimmung zu bringen, was eigentlich nicht so recht gelang. Vielleicht weil er nicht fahren durfte???
In Treseburg waren ganze Vereine am Wandern. Jetzt ging es wieder hinauf und wir sahen tief unten die Bade über Felsenblöcke dahinfliessen. Ein Wegweiser sagte uns, dass es bis zur Rosstrappe nur 1 km war, aber wir mussten auch diesen lassen, denn es war bereits ½ 7 Uhr und der Weg noch sehr weit. Den Hexentanzplatz am anderen Bodeufer sahen wir liegen hoch oben auf den Felsen. Jetzt galt es nur Abschied zu nehmen vom wunderschönen Harz mit seinem Wald und Bergen, denn vor uns in Thale --- lag Thale lieblich ausgebreitet!



Bild: ansichtskartenversand.com
Nr. 66217

Die Stadt selbst ist gar nicht so reizend, als sie vor uns gelegen hatte. Rasch waren wir hindurch und über Süderode, Gernrode, Ballenstedt fuhren wir davon und sahen rechts von uns die Harzberge mehr und mehr entschwinden.

Als letzte Freude bewunderten wir die riesigen Asternfelder, die in allen Herbstfarben ein leuchtendes Bild boten. Auch andere Blumen beglückten uns mit ihren farbigen Effekten. In dieser Gegend von Quedlingburg sind nämlich weltberühmte Sämereinen! Wir tankten noch einmal, während dem ich aus dem Picknickkoffer schnell Brot und Wurst holte und einige Schnitten austeilte. Auch die warmen Mäntel wurden angezogen, denn der herbstliche Abend machte sich schon bemerkbar. Mit Unruhe durch die erlittene Panne, die eigentlich gar keine war dachte ich an die grosse Heimfahrt. Aber es ging alles gut wenn auch bis Aschersleben Könnern riesige Heimfahrt der Harzgäste war. An einer geschlossenen Bahnschranke zählten wir 30 Wagen, die sich angesammelt hatten. Von Könnern waren es dann um so mehr entgegenkommende, die uns zu schaffen machten. Es ist eine grosse Strasse Könnern - Halle mit extra Radfahrweg.

In Halle war eine grosse Umleitung und wir staunten wieder einmal über die grosse Stadt. Am Jahrmarkt mit riesigen Fussgängerverkehr vorüber erreichten wir endlich die Autobahn und waren erleichtert geborgen. Es war kurz nach 8 Uhr und wir rechnete aus, dass es uns noch glücken könnte den Lux bei Onkel Otto abzufangen. So war es auch, sie hatten es beide verschlafen und der kleine Lux war glücklich, als er uns alle hupen hörte. Es war eine grosse Wiedersehensfreude und wir nahmen den Kleinen auf den Schloss für den kurzen Weg. Es wur-de zum Schluss ein grosses Lachen, wenigstens bei uns Kickerliesen hinten.

So waren wir ¼ 10 Uhr wohlbehalten von dieser schöner Harztour daheim. Es waren zwar über 500 km geworden - der Vater sagte am anderen Tage es wäre toll gewesen - aber es ist sicher die letzte grössere Tour in diesem Herbste und so vom Wetter begünstigt wie es kaum wieder sein dürfte.

Ein guter Stern war wieder mit uns gewesen zum ersten durch das schnell aufgeheiterte Wetter und zum anderen durch die glücklich überstandene Panne.