Objektpädagogik in der Sekundarstufe 2
ein von Schulen ans Netz gefördertes infoschul-Projekt an der Integrierten Gesamtschule Mannheim-Herzogenried

Arbeitsplan

Begriffsbestimmung Objektpädagogik

"Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein" (Goethe)

Objektpädagogik greift zunächst die Erfahrungen der klassischen Museumspädagogik auf, in der Kindern durch praktischen Umgang mit Museumsgütern geschichtliche Inhalte oder Inhalte der Kunsterziehung erfahren und dadurch lernen. Dieser praktische Umgang besteht einerseits in der spielerischen Nachschöpfung ("Basteln"), zum anderen in der Reduktion auf den altersgemäßen Erfahrungshorizont und in der selbständigen Erarbeitung der Inhalte mittels Arbeitsaufträgen. Museumspädagogische Angebote lassen sich im allgemeinen bis zum Einsetzen pubertärer Neuorientierung, das heißt bis etwa zur 8. Klasse, durchführen, danach sinkt das Interesse so rapide ab, dass Angebote auf freiwilliger Teilnehmerbasis nicht mehr zustande kommen.

Der Unterricht der höheren Klassen beschränkt sich im allgemeinen auf das Klassenzimmer als Lernort und auf die verschiedenen ins Klassenzimmer hinein zu transportierenden Medien. Dennoch lässt sich gerade auch im Unterricht dieser oberen Klassen, bis hinein in Abiturklassen, beobachten, dass Schüler grundsätzlich gerne bereit sind, das Klassenzimmer auch zum Lernen zu verlassen.

Der Unterricht in der Sekundarstufe II greift im Fach Geschichte die Chronologie der Mittelstufe wieder auf, verkürzt (in der baden-württembergischen 11. Klasse) um die römisch-griechische Antike und das Hochmittelalter, und vertieft den Stoff durch altersgemäße Problematisierung. Der altersgemäßen Struktur der klassischen Museumspädagogik entsprechend (mit dem deutlichen Schwergewicht auf Ur- und Frühgeschichte, Antike und Mittelalter) gibt es hier kaum Angebote, zumal die "klassischen" Museen ihre Sammlungstätigkeit vor allem auf die älteren Perioden der lokalen oder regionalen Geschichte konzentrieren.

Museumspädagogik für die Oberstufe muss sich daher vorrangig auf Sammlungen stützen, die bis weit in die Gegenwart hinein reichen. Hier sind exemplarisch die Industrie- und Technikmuseen zu nennen, wie Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim, das Deutsche Museum in München oder das Technikmuseum in Berlin. Damit kann der weite Bereich der Industrie- und Sozialgeschichte abgedeckt werden. Darüber hinaus sind Museen und Sammlungen ausfindig zu machen, die einzelne Epochen der deutschen Geschichte exemplarisch abdecken, wie die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin. Sobald aber der Bereich der deutschen Geschichte verlassen wird (USA, China, Sowjetunion), besteht keine Möglichkeit mehr, auf Museen oder Sammlungen zurückzugreifen.

Objektpädagogik geht nun über den klassischen Bereich der Museumspädagogik hinaus, indem einerseits die Zuordnung zu einem einzelnen Museum oder einer Sammlung verlassen wird, andererseits auch völlig andersartige Objekte mit einbezogen werden, wie z.B. Häuser, Gebäudegruppen, Straßenzüge oder ganze Stadtanlagen, sei es im Einzelobjekt oder in einer logischen Gesetzen folgenden Reihung ("Rundgang"). Das einzelne Objekt wird also nach seiner Aussage für den historischen Kontext befragt. Dies kann durchaus auch in virtuellen Sammlungen geschehen.

Basis dieser pädagogischen Richtung ist die Regionalisierung von Untrerrichtsinhalten und deren Sammlung und Darstellung im Referenzprojekt der digitalen Enzyklopädie "Landeskunde am Oberrhein"(1). Das Referenzprojekt hat dabei mit großem Erfolg gezeigt, dass sich der oberrheinische Raum über alle Länder- und Staatsgrenzen hinweg als ein einheitlicher Kulturraum begreifen und darstellen lässt. In der zweiten Projektphase (Schuljahr 1998/99) wurden, neben der laufenden Weiterarbeit am Basisprojekt, die projektspezifischen Arbeitsweisen didaktisch untermauert und in die Lehrerfortbildung eingebracht.

In der dritten Projektphase soll durch eine intensive Vernetzung mit dem allgemeingeschichtlichen und sachlichen Hintergrund die Verflochtenheit der regionalen Phänomene mit der Lebenswelt des beginnenden 21. Jahrhunderts dargestellt werden. Diese Verflechtung kann insbesondere durch die Nutzung digitalisierter Datenbanken, insbesondere Zeitungsarchive und Fachdatenbanken, erreicht werden. Dass diese Verflechtung Motivation und Aktualität in den Unterricht bringt, haben die Projekte aus infoschul 1 und infoschul 2 erwiesen.


(1) Landeskunde am Oberrhein - die digitale Enzyklopädie des Landes am Oberrhein (^)