Projekte und neue Veranstaltungsreihen im
Landesmuseum Württemberg
Initiative „MUSEEN FÜR
GESCHICHTE!“
Auf Anregung des Generaldirektors des Deutschen Historischen
Museums in Berlin, der Direktorin des Landesmuseums Württemberg
in Stuttgart und des Direktors des Kulturhistorischen Museums
in Magdeburg hat sich die Initiative „MUSEEN FÜR
GESCHICHTE!“ gegründet. Ihr gehören derzeit
mehr als 20 große Museen aus dem deutschsprachigen
Raum an. Gemeinsames Merkmal dieser Häuser ist die
Erforschung und Darstellung kulturhistorischer und historischer
Themen. Sie alle sehen die Notwendigkeit, sich als wichtiger
Teil der europäischen Museumslandschaft darzustellen
und zu artikulieren. Künftig wollen sie über
den eigenen Wirkungskreis hinaus in der Öffentlichkeit
sichtbar werden.
Der europäische Einigungsprozess der letzten Jahrzehnte
bietet gerade den Museen neue Chancen und Herausforderungen.
Die Fragen nach der Geschichte und Kultur Europas, nach
der Identität ihrer Menschen und letztlich nach einer
kulturellen Identität Europas werden in verstärktem
Maße gestellt. Hier sind die kulturhistorischen und
historischen Museen in ganz besonderer Weise aufgefordert,
mögliche Antworten zu finden. Dieser reizvollen und
zugleich schwierigen Aufgabe stellen sich die Museen der
Initiative „MUSEEN FÜR GESCHICHTE!“ künftig
verstärkt gemeinsam. Sie wollen internationale, nationale
und regionale Zusammenhänge auf breiter Ebene darstellen
und herausragende Wendepunkte der Geschichte aus verschiedenen
Blickwinkeln beleuchten.
Die Initiative will vernetzen, zum gegenseitigen Austausch
und zu Kooperationen anregen, damit historische Ausstellungen
stärker das öffentliche Bewusstsein prägen
und als Beitrag an der Diskussion um das kulturelle und
historische Fundament Europas wahrgenommen werden.
Kooperationspartner der Initiative „MUSEEN FÜR
GESCHICHTE!“ ist die Zeitschrift DAMALS.
Jahresschwerpunkt 2009: Deutschland zwischen 1949 und
1989
Palast der Republik – eine Arbeit von Anette
Streyl aus dem Jahr 1999
6. November bis 6. Dezember 2009
Wie kein anderes Bauwerk verkörperte der Palast der
Republik das Selbstverständnis der DDR. Anlässlich
des IX. Parteitags der SED im April 1976 eröffnet,
sollte er in seiner Doppelfunktion als Volkshaus und Volkskammer
architektonisch die Einheit von Volk und Regierung zum
Ausdruck bringen. Die im Landesmuseum Württemberg
gezeigte Arbeit von Anette Streyl ist nicht nur eine ironische
Auseinandersetzung mit dieser Herrschaftsarchitektur. Vor
dem Hintergrund der wechselnden ideologischen Inanspruchnahme
des Berliner Schlossplatzes, des Ortes, an dem der Palast
bis vor kurzem gestanden hat, ist sie auch als hintersinniger
Kommentar zur deutsch-deutschen Geschichte zu verstehen.
Die 1968 in Münster in Westfalen geborene Konzeptkünstlerin
hat für ihren „Palast der Republik“ die
Außenhaut des Vorbilds im Maßstab 1:100 stricken
lassen – in weißer Wolle und in Lurex, mit
dem die Scheiben imitiert werden, die dem Gebäude
einst ihre charakteristische goldbraune Farbe gaben. Diese
Strickware wird auf einer Wäscheleine präsentiert,
so als handele es sich um ein zum Trocknen aufgehängtes
Kleidungsstück. Im Kontext der strickenden und waschenden „Hausfrau“ erscheint
der hohe Anspruch der „männlichen“ Architektur
ad absurdum geführt. Es ist das Bild der leeren, mit
beliebigem Inhalt zu füllenden Hülle, das mit
diesem künstlerischen Ansatz entwickelt wird.
Mit dem „Palast der Republik“ liefert das
Landesmuseum Württemberg also einen Beitrag zur aktuellen
Diskussion um die identitätsstiftende Architektur
im Zentrum der Hauptstadt. Denn nachdem der reale Palast
unter dem Vorwand der Asbestbelastung abgerissen worden
ist, soll an dieser Stelle bekanntermaßen die nachempfundene
Fassade des Berliner Stadtschlosses wieder erstehen, das
seinerseits 1950, ebenfalls aus ideologischen Gründen,
von der DDR gesprengt worden war.
Der „Palast der Republik“ von Annette Streyl,
eine Erwerbung des Landesmuseums aus dem Jahre 2002, wird
im Alten Schloss in Stuttgart gezeigt, dem als ehemalige
Residenz der Herzöge von Württemberg selbst hoher
Symbolwert zukommt. Mehr noch: Er hängt in jenem Ausstellungsraum,
der dem Kronschatz und den Porträts der württembergischen
Könige vorbehalten ist, so dass die Konfrontation
mit alten, vertrauten Herrschaftsinsignien als Teil der
Installation wahrgenommen werden kann.
Zeitzeugen im Gespräch: Gelebtes Judentum
zwischen 1949 und 1989 in der Bundesrepublik und der
DDR
29. Juni
2009
Am 8. Mai 1945 endete in Deutschland der 2. Weltkrieg.
Das Nachkriegsdeutschland war geprägt von der Konfrontation
mit dem Holocaust, dem Wiederaufbau und der Entnazifizierung
im Westen und der Umerziehung der Deutschen in der sowjetischen
Besatzungszone. Es folgte die Gründung zweier deutscher
Staaten und die Jahre des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik
Deutschland.
In dem Zeitzeugengespräch „Gelebtes Judentum
zwischen 1949 und 1989 in der Bundesrepublik und der DDR“ kommen
zwei prominente Zeitzeugen zu Wort, die über ihre
persönlichen Erfahrungen in dem jeweiligen Land berichten.
Wie ist es möglich, im „Land der Mörder“ weiterzuleben?
Diese Frage mussten sich viele Juden stellen lassen, die
nicht nach Israel oder nach den USA auswanderten. Strukturen
wie jüdische Gemeinden und soziale wie kulturelle
jüdische Einrichtungen waren komplett zerstört.
Die wenigen Überlebenden bauten über die Jahre
das jüdische Leben in Deutschland wieder neu auf.
In der DDR stand dem Aufbau dabei in Teilen die eingeschränkte
Religionsausübung gegenüber.
Gesprächspartner sind Charlotte Knobloch, Präsidentin
des Zentralrats der Juden in Deutschland und Dr. Hermann
Simon, Direktor der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum
Judaicum. Charlotte Knobloch überlebte den Holocaust
und blieb in der Nachkriegszeit mit ihrer Familie in München.
Sie engagierte sich in vielen jüdischen Vereinigungen
wie dem Jüdischen Frauenbund und der Israelitischen
Kultusgemeinde in München. Im Jahr 2006 wurde Sie
Nachfolgerin von Paul Spiegel und steht seitdem dem Zentralrat
der Juden in Deutschland als Präsidentin vor.
Der Historiker Dr. Hermann Simon wurde kurz nach Kriegsende
geboren. Als Sohn der Berliner Professorin Marie Simon
wuchs er in Ostberlin auf und nahm mit seiner Familie aktiv
am Leben in der Jüdischen Gemeinde teil. Von 1975
bis 1988 arbeitete er bei den Staatlichen Museen zu Berlin.
Seit der Wiedererrichtung 1990 ist er Direktor der Stiftung
Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum.
Geleitet wird das Gespräch von dem Judaisten Markus
Wener, Referent der Direktion am Landesmuseum Württemberg.
Steckdosen – abhängig. Elektrogeräte von
den 50ern bis zu den 80ern
25. Juni bis 18. Oktober 2009
Erinnern Sie sich an Ihr erstes „musikabspielendes
Gerät“? Haben Sie eine „Nahrungsmittelzerkleinerungsmaschine“?
Mussten Sie im Beruf mit einem „Apparat zur schriftlichen
Telekommunikation“ umgehen? Was hat den Alltag wie
verändert? Während die heutige Welt mit Netbooks,
Handys mit MP3-Playern und Coffee-to-go immer mobiler wird,
steckten die modernen Errungenschaften der Jahrzehnte von
Wirtschaftswunder bis Wiedervereinigung vor allem stationär
in den Steckdosen der Wände von Wohnzimmern, Büros
und Küchen.
Das Museum für Volkskultur - Schloss Waldenbuch richtet
seinen Blick auf das, was den Alltag breiter Bevölkerungsschichten
prägte. In einer Kabinettausstellung von Juni bis
November 2009 werden stellvertretend ausgewählte Elektrogeräte
und ihre Bedeutung für den Alltag in den drei Bereichen
Büro, Wohnzimmer und Küche präsentiert.
Bei manchen der Exponate sind die dazugehörigen Geschichten
ihrer ehemaligen Besitzer bekannt. Doch es sind die Erinnerungen
der Besucher an ihre eigenen Quirls, Plattenspielern oder
Telefaxe jener Jahrzehnte, die wachgerufen werden sollen,
und die Präsentation lebendig machen.
Durch die Dokumentation dieser Geschichten wird die Ausstellung
zum Forschungslabor auf der Suche nach den Veränderungen
des Alltags in der einen von zwei deutschen Republiken
zwischen 1949-89.
Museum für Volkskultur
Schloss Waldenbuch
71111 Waldenbuch
www.museum-fuer-volkskultur.de
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