Das Reisetagebuch meiner Großmutter

28./29.August 1937 Im Osterzgebirge und der sächsischen Schweiz
28. Sept. 2,15 Uhr mittag : km 35193 ab Leipzig Grimma
Colditz
Waldheim
Etzdorf, nach ca. 2 km rechts ab
Reichenbach
Gr. Schirma, Hauptstrasse über Nossen mündet wieder ein!
Freiberg
Frauenstein
Hermsdorf
Rehefeld
Teil 3: Altenberg - Schandau
28. Sept. ½ 8 Uhr abend : km 35362. Altenberg
½ 8 Uhr früh Start! Zinnwald
Geising
Löwenhain
Liebenau
Oelsengrund
Oelsen
Hellendorf
Markersbach
Schweizermühle
Rosenthal
Cunersdorf
Krippen
Schandau
Sebnitz
Hinderhermsdorf
Lichtenhainer - Wasserfall
Schandau
Porschdorf
Walterdorf
Rathewalde
Bastei
Lohmen
Pillnitz
Dresden km 35522
Meissen
Oschatz
Wurzen
km 35663. Leipzig


Aber wir hatten wieder Glück und gegen 6 Uhr war der Himmel blank und wir konnten Glock 7 Uhr bereits an einem Sonnentisch frühstücken. Trotz des Zimmerpreises von 1,50 MK, waren für alles 11.-MK zusammengekommen, mit der Abendzeche. Es kommt immer auf eines herauf. Bereits vor ½ 8 Uhr fuhren wir den steilen Berg hinab und nach Zinnwald zu davon. Bald lag das berühmte Raupennest vor uns, ein grosses nettes Hotel. Rundum sanfte Höhen, so rechtes Skigelände. Hier mag es schon gut sein zum Wintersport. Strahlender Sonnenschein lag über allem und es war eine Lust, in den morgenfrischen Tag hineinzufahren. Bald lag verstreut Georgenfeld und Zinnwald weit ausgedehnt vor unserem Blicke. Jetzt waren wir ganz auf der Höhe.Bald standen wir am Schlagbaum und wir schauten hinüber ins Böhmerland. Früher besungen - jetzt liegt in dem Worte die Tschechei so alle Abneigung und aller Rassenhass!

Im scharfen Winkel mussten wir Kehrt machen, an grossen Halden und Zinngruben fuhren wir entlang und erreichten in steiler Abfahrt durch dichten Wald wieder Geising. Wir kamen an einem anderen Ende rein und fanden den Ort viel netter als in der Dämmerung des vergangenen Abends. Nun mussten wir uns die Weiterfahrt nach Schandau erkämpfen, denn auf unserer Autokarte ging es bequemer weise über Pirna. Da wir aber an der Grenze bleiben wollten, fuhren wir von Ort zu Ort tastend weiter. Erst nach Löwenhain, so zu sagen den nächsten Dorfe. Als wir zur Höhe empor geklommen waren sahen wir rückwärts Geising und ein Stück höher Altenberg prächtig liegen. Es war ein wunderbarer Anblick und nur Schade, dass Max nichts davon hatte und der steilen Strasse wegen auch nicht anhalten konnte. Im Hintergrund der Geisingberg 825 m hoch.

Wir kamen bald wieder herunter und ins Müglitztal. Nach Lauenstein wie ursprünglich gewollt, fuhren wir nicht erst, sondern über die alte Steinbrücke der Müglitz nach Liebenau. Es ging immer über die Höhen und unser schneidiger Fahrer und dito Wagen konnten ihr Können unter Beweis stellen. Hinter Liebenau kam eine Wegkreuzung und wir hatten Glück als gerade ein Radfahrer kam und uns nach der rechten Seite wies, denn es gab keinen Wegweiser nach Oelsengrund. Wir bogen richtig ein und kamen in das wildromantische Tal der Gottleube. Das heisst: Wir kamen hoch oben auf steil abfallender Strasse gefahren und schroff fiel hart an der Strasse das felsige Gelände ab. Dazu war die Strasse sehr schmierig-Dorle meinte zwar sandig-Ich war froh dass nicht Dämmerung oder Nebel war, dann wäre es nicht ungefährlich gewesen. So lag hellr Sonnenschein auf den Bäumen und moosbewachsenen Felsen. Bald waren wir glücklich unten und lieblich zwischen Wiesenland lagen die wenigen Häuser von Oelsengrund. Auch hier liefen einige Sommerfrischler umher, sonst waren wir immer allein und das machte auch für Max die teilweise kurvenreiche und schwierige Fahrt erträglich.

Wir verliessen bald das Tal der Gottleube und kamen nach Oelzen. Der Vater hatte schon seit dem Morgenkaffee Appetit auf warme Würstchen und wir schauten bisher vergeblich in den kleinen Dörfern nach einem diesbezüglichem Laden aus. Über Hellendorf und Markrsbach erreichten wir bald die Schweizermühle, die in einem romantischen Tale liegt. Die ersten Felsen tauchten auf und wir freuten uns auf die sächsische Schweiz erinnert zu werden. Es scheint eine bekannte Sommerfrischengegend zu sein, denn es liefen viel Leute umher, auch die viele Orientierungsschilder liessen darauf schliessen. Dresden ist ja auch nicht sehr weit. Wir fuhren durch Rosenthal und hatten nun schon den Wegweiser nach Schandau. Wir hatten unseren Wille gehabt und waren immer durch die ersten Dörfern nach der Grenze gefahren. Die Strassen waren, obgleich Nebenstrassen gut, nur manchmal etwas schmal, was aber bei dem geringen Verkehr nicht ins Gewicht fiel. Hochbefriedigt ging es nun weiter, nur der Vater war immer noch ohne Würstchen. Über Cunersdorf erreichten wir bald Krippen, einem langgesteckten reizenden Sommerfrischenort mit viel Betrieb und Verkehr. Dorle musste sämtliche Läden abfragen und es gelang ihr auch bei einem Fleischer frische kalte warme zu bekommen! Dem Vater lief zwar das Wasser im Munde zusammen, aber er musste noch auf den geeigneten Picknickplatz warten.

Krippen zieht sich als eine lange Strasse dahin, in deren Mitte der Krippenbach fliesst. Als die Häuser zu Ende gingen standen wir an der Eisenbahn und somit an der Elbe. Mit einem Male waren wir aus unserem Sonntagsfrieden und der Abgeschiedenheit der Berge und Wälder in die Kultur zurückgekehrt. Eine Eisenbahn hatten wir an Diesem Sonntagmorgen noch nicht gesehen, desgl. keine geputzten Menschen, die Paar einfachen Touristen ausgenommen.

Wir fuhren ein Stückchen an der Elbe entlang und sahen bald die grossen Brücke, die uns ans andere Ufer brachte. Schandau ist ein liebliches Städtchen und erinnerte uns an die Städtchen am Rhein. Über Wendisfähre fuhren wir hinaus und kamen auf die Höhe mit Feldern. Wir waren enttäuscht, auch der Himmel benebelte sich stark, sodass wir unklare Aussicht hatten. Die Schrammsteine sah man undeutlich und das schöne Hinterland gar nicht.

Nun hielten wir energisch Ausschau nach dem Picknickplatze, den wir bei einem Feldweg fanden. Wir stiessen ein Stück hinein und packten an einem Kleefeld den Koffer aus. Der Vater besuchte die Rebhuhnjäger, während wir den Tisch deckten und die Suppe/Würstchen kochten. Als er zurückkam, war das feine Stuhl und das Mahl bereit. Es mundete vortrefflich und die Würstchen waren prima, Marie hatte also nicht recht, da sie die Fleischerwürste schlecht gemacht hatte. Es war zwar erst ½ 11 Uhr aber wir machten gleich die Mittagsmahlzeit daraus. Die Sonne kam auch wieder und trieb alle Nebel zum Teufel.


Altenberg, Gesamtansicht
Bild: ansichtskartenversand.com
Nr. 70399

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