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3.7.24

Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Welterbe des Mittelalters: Fünf Reichenauer Handschriften in der Ausstellung

Handschriften aus dem UNESCO-Weltdokumentenerbe in der Großen Landesausstellung in Konstanz

(blm)

Zwei Reichenauer Mönche überreichen Bischof Egbert die HandschriftCodex Egberti
Trier, Reichenau (?), 977/993
Trier, Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier / Stadtarchiv Trier, Hs. 24
Ausgestellt bis Ende Juli 2024 (1. Hälfte)

Der Codex Egberti gilt als ein Hauptwerk der ottonischen Buchmalerei. Die Handschrift enthält den ältesten Bilderzyklus zum Leben Christi, der mit 51 Miniaturen gleichzeitig zu den umfangreichsten des Mittelalters zählt. In der Gestaltung von Kleidung, Architektur nd Bildhintergründen zeugen die deutlichen Anklänge an römische Kunst von einer ununterbrochenen Traditionslinie zwischen Antike und Mittelalter. Mit der Darstellung des thronenden Bischofs Egbert, dem zwei explizit als Reichenauer Mönche benannte Schreiber den Codex überreichen, beinhaltet die Handschrift eine der bekanntesten Darstellungen des Mittelalters.

Stadtarchiv Trier, Hs. 24, fol. 2r
©Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, Foto: A.D. Runkel


Bucheinband mit Elfenbeinschnitzerei, Gold und EdelsteinenEvangelistar von Poussay
Reichenau, um 980
Paris, Bibliothèque nationale de France, Manuscrits Latin 10514

Einband des Evangelistar von Poussay
Byzanz, 2. Hälfte 10. Jh. (Elfenbein), Lothringen oder Rheinland (?), um 1036 (vorderer Deckel), Lothringen, 2. Hälfte 11. Jh. (hinterer Deckel), moderne Veränderungen
Ausgestellt bis Mitte Juli 2024 (1. Hälfte)

Das Poussay-Evangelistar besticht durch seinen goldenen Prachteinband, der unter den gezeigten Stücken aus dem Weltdokumentenerbe einzigartig ist. Dieser entstand zwar nicht auf der Reichenau, zeugt aber von der Wertschätzung, die den Werken des Reichenauer Skriptoriums europaweit entgegengebracht wurde. In der Buchkunst herausragend ist vor allem das Widmungsbild, das einen unbekannten Geistlichen aus dem lothringischen Toul umringt von zwei Engeln zeigt, wie er den Codex an Christus überreicht. Diese Begleitung durch Engel war vor allem im Oberitalien der Spätantike verbreitet und ist in der Reichenauer Buchmalerei einzigartig.

Buchdeckel vorne
© Bibliothèque nationale de France


Illumination aus dem Egbert-Psalter mit den Bild des thronenden Erzbischofs Egbert.Egbert-Psalter
Reichenau, um 980
Cividale del Friuli, Museo Archeologico Nazionale, Cod. CXXXVI
Ausgestellt ab Ende Juli bis Ausstellungsende (2. Hälfte)

Mit ihrem reichen Golddekor auf Purpurgrund zeugt die Handschrift bereits auf den ersten Blick vom Repräsentationsbedürfnis ihres Auftraggebers, Erzbischof Egberts von Trier. Unter ihm wurde der alte Anspruch des Bistums Trier, von einem Schüler des Apostel Petrus‘ gegründet und damit ein zweites Rom zu sein, erneuert. Eine ebenfalls in dieser Handschrift enthaltene Ahnengalerie bedeutender Trierer Bischöfe sollte zur Legitimation des Bistums beitragen – ebenso wie die Rückführung von Petrusreliquien unter Egbert nach Trier.

Cod. CXXXVI, fol. 17r
© su concessione del Ministero della Cultura, Direzione regionale Musei del Friuli Venezia Giulia


Illumination aus dem Gero-Codex mit dem Bild Christi in SegensgesteGero-Codex
Reichenau, vor 969
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Cod. 1948
Ausgestellt ab Ende Juli bis Ausstellungsende (2. Hälfte)

Der Gero-Codex ist die älteste Prachthandschrift mit figürlichen Darstellungen aus dem ottonischen Skriptorium der Reichenau und ihr erstes stilprägendes Meisterwerk. Während Miniaturen wie die sogenannte Majestas Domini von einer Rezeption karolingischer Buchmalerei zeugen, die 100 bis 150 Jahre zuvor entstand, kam es auch zu Neuschöpfungen: Insbesondere die teils ganzseitigen Zierseiten mit Initialen wirkten im 10. und 11. Jahrhundert stilistisch auf viele folgende Handschriften aus dem Skriptorium der Reichenau.

Cod. 1948, fol. 5v
© Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt,
Foto: Arne Kienzl


Widmungsbild der Hndschrift: Der Mönch Liuthar überreicht das Buch dem Kaiser, wohl Otto III.Liuthar-Evangeliar
Reichenau, zwischen 990 und 1000
Aachen, Domschatzkammer, Inv. G 25, fol. 15v, fol. 16r
Wird während der gesamten Laufzeit gezeigt.

Mit der äußerst aufwendigen Gestaltung des Dedikations- oder Widmungsbildes, das eine kaiserliche Gestalt vor goldenem Hintergrund und umringt von zahlreichen Herrschaftssymbolen zeigt, beinhaltet das Liuthar-Evangeliar eine der bekanntesten Miniaturen der mittelalterlichen Buchkunst. Gezeigt wird vermutlich Kaiser Otto III. Erstmals finden sich auch durchgehende Gold-Hintergründe in einer Reichenauer Handschrift. Spätmittelalterliche Eidesformeln zeugen davon, dass der Codex während der Liturgie zur Kaiserkrönung eingesetzt wurde.

Inv. G 25, fol. 15v, fol. 16r
Widmungsbild: Der Mönch Liuthar überreicht das Buch dem Kaiser, wohl Otto III., Reichenau (Liuthar-Gruppe), zwischen 990 und 1000
© Domschatzkammer Aachen, Foto: Eric Werner


Große Landesausstellung 2024 Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau

20. April – 20. Oktober 2024
Konstanz, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, und Insel Reichenau
Di–So, Feiertage 10–18 Uhr
14 Euro, erm. 11 Euro, 6–17 Jahre 5 Euro

    im Detail:  
Icon oben   siehe auch: Ausstellung Reichenau
Pexels, Ksenia Chernaya      

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