6.6.23

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen

Kreative Lösungen für historische Gartenanlagen im Klimawandel

(ads) Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen reagiert entschlossen auf die zunehmende und ernsthafte Bedrohung, die der Klimawandel für die sensiblen historischen Gärten als Kulturdenkmale darstellt. Bei einer mehrtägigen Fachtagung in München tauschten sich die Gartendirektorinnen und Gartendirektoren aller deutschen Schlösserverwaltungen mit Expertinnen und Experten aus der Forschung über kreative Lösungen gegen die Folgen des Klimawandels in den historischen Gärten in Deutschland aus.

Stark geschädigte bzw. bereits abgestorbene alte Stieleichen (Quercus robur L.) am Oberen See im Park Schönbusch (Aschaffenburg), an denen Dürreperioden der vergangenen Jahre schwere Schäden verursacht haben. © Bayerische Schlösserverwaltung, Foto: Jost AlbertVermehrter Mistelbefall im Englischen Garten, München. © Bayerische Schlösserverwaltung, Foto: Sven-Patric KlamethVom Sturm Niklas 2015 umgeworfene 254jährige Eiche im Schlosspark Nymphenburg, München. © Bayerische Schlösserverwaltung, Foto: Michael DegleStark geschädigte bzw. bereits abgestorbene alte Stieleichen (Quercus robur L.) am Oberen See im Park Schönbusch (Aschaffenburg), an denen Dürreperioden der vergangenen Jahre schwere Schäden verursacht haben. Foto: Jost Albert

Vermehrter Mistelbefall im Englischen Garten, München. Foto: Sven-Patric Klameth

Vom Sturm Niklas 2015 umgeworfene 254jährige Eiche im Schlosspark Nymphenburg, München. Foto: Michael Degle

Alle Bilder © Bayerische Schlösserverwaltung

„Panikmache und Alarmismus sind als Reaktion auf die bevorstehenden Herausforderungen ebenso unproduktiv wie ein Verschließen der Augen vor der Realität. Aus jahrhundertelangem gärtnerischen Erfahrungsschatz in einer innovativen und intensiven Verschränkung mit der Wissenschaft lassen sich jedoch konstruktiv und gemeinschaftlich Lösungsansätze entwickeln“, betonte Bernd Schreiber, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen und Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung.

Im Rahmen des Projektes „Handlungsstrategien zur Klimaanpassung: Erfahrungswissen der staatlichen Gartenverwaltungen“ werden die in den staatlichen Schlossgärten und Parks erprobten Klimaanpassungsstrategien systematisch erfasst, ausgewertet und wissenschaftlich untersucht. Eine erste Bestandsaufnahme wurde bereits im August 2022 mit dem 1. Kolloquium in UNESCO Gartenreich Dessau-Wörlitz durchgeführt. Dadurch entstand erstmals eine deutschlandweite und strukturierte Sammlung von gärtnerischem Erfahrungswissen im Umgang mit dem Klimawandel in historischen Gärten.

Im nun im Schloss Nymphenburg (München) abgehaltenen 2. Kolloquium des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau geförderten Projekts wurde dieses Erfahrungswissen in einem gemeinsamen Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kritisch diskutiert und weiterentwickelt. Das Kolloquium bot den Schlösserverwaltungen die Möglichkeit, sich noch stärker mit der Forschungsgemeinschaft zu vernetzen, um die große Aufgabe der Klimaanpassung erfolgreich zu bewältigen.

Ein öffentlicher Vortragsabend am 31.5. bot der interessierten Öffentlichkeit die Gelegenheit, Einblicke in die Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit dem Klimawandel in historischen Gärten zu gewinnen und von Fachleuten aus erster Hand zu erfahren, wie die Schlösserverwaltungen aktiv werden, um die einzigartige Schönheit der Gärten zu bewahren. Neben Prof. Dr. Norbert Kühn von der TU Berlin („Parkschadensbericht – Zustandserfassung der Schäden an Gehölzen in historischen Parks in Deutschland infolge des Klimawandels“) referierte Dr. Stefan Klotz vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung („Auswirkungen des Klimawandels auf die Flora und Vegetation sowie notwendige Monitoring-Instrumente“). Im Rahmen einer Podiumsdiskussion standen Dr. Inken Formann (Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen), Jost Albert (Bayerische Schlösserverwaltung), Cord Panning (Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau) und Prof. Dr. Michael Rohde (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten) Fragen des interessierten Publikums Rede und Antwort.

Neben vielen offenen Fragen konnten beim 2. Kolloquium auch erste positive Antworten und Lösungsansätze aufgezeigt werden. So konnte die immense Bedeutung der bereits erfolgten systematischen Gehölzkartierungen und Schadenserfassungen in den Schlösserverwaltungen herausgearbeitet werden. Dass das Problem des Klimawandels nicht alleine auf die ansteigenden Temperaturen reduziert werden kann, sondern vielmehr ein Eingehen auf die komplexen Wechselwirkungen von Boden, Wasser und Pflanze erfordert, wurde ebenfalls deutlich. Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass die Suche nach dem einen „idealen“ klimaresilienten Baum utopisch ist. Zwar sind einige Gehölze (etwa Walnuss oder Esskastanien) dem Klimastress besser gewachsen, doch ist die geschickte einzelfallbezogene Standortwahl bei Verjüngungsmaßnahmen entscheidend. Um dem kommenden Abriss im Erscheinungsbild unserer Gartendenkmäler entgegenzuwirken, ist eine individuelle, auf den jeweiligen Standort bezogene Vorgehensweise erforderlich. Dies erfordert einen hohen Aufwand und ein hohes Wissen, um den Standort und die Pflanzen zu halten. Ein überall verwendbares Patentrezept wird es aus Sicht von Wissenschaft und Schlösserverwaltungen nicht geben – aber eine modellhafte Methodik!

Wo so viel Schatten ist, muss aber auch Licht sein – dies scheint beispielsweise in der Anpassung der Gehölze durch Naturverjüngung an die veränderten Umweltfaktoren zu bestehen. Eine der Gretchenfragen ist daher, ob die Anpassung schneller ist als der Klimawandel.

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siehe auch: Who is who -
Die AG Schlösserverwaltungen

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