25.2.22

Schlossgarten Schwetzingen

Innovatives Projekt gegen den Klimawandel: Zucht und Pflanzung der Rosskastanien

(ssg) Der Klimawandel stellt den berühmten Garten von Schloss Schwetzingen vor neue Herausforderungen. Mit einem innovativen Konzept kämpfen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg gegen die Folgen der Klimaveränderung: In der wieder eingerichteten Schwetzinger Baumschule wachsen besonders widerstandsfähige Rosskastanien heran, die nun im Schlossgarten ausgepflanzt werden – ein Pilotprojekt, angelegt für künftige Generationen von Gartenbesuchern.

Links: Jürgen Köhler, wissenschaftlicher Berater und Gutachter zu Fachfragen der Baumschule, Mario Witzgall, Gartenmeister Schlossgarten Schwetzingen, Hanna Nimmenich, Arboristin, tätig im Bereich Historische Gärten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, und Tobias Foerster, Gutachter zur Baum-Standortbewertung. Foto: Gerhard Raab, SSG.Prof. Hartmut Troll, Chef-Gartenkonservator der SSG, bei der Pfalzunf eines Setzlings. Foto: Hanna Nimmenich, SSG.Links: Jürgen Köhler, wissenschaftlicher Berater und Gutachter zu Fachfragen der Baumschule, Mario Witzgall, Gartenmeister Schlossgarten Schwetzingen, Hanna Nimmenich, Arboristin, tätig im Bereich Historische Gärten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, und Tobias Foerster, Gutachter zur Baum-Standortbewertung. Foto: Gerhard Raab, SSG.

Unten: Prof. Hartmut Troll, Chef-Gartenkonservator der SSG, bei der Pfalzung eines Setzlings. Foto: Hanna Nimmenich, SSG.

Einpflanzen der ersten Setzlinge

Am 24. März wurden die ersten kleinen Kastanien am westlichen Rand zwischen dem nördlichen Boskett und dem großen Weiher eingepflanzt. Die Setzlinge stammen aus Naturverjüngung, sind also aus Kastanien der Altbäume entstanden. Es geht darum, die durch die Trockenheit entstandenen Lücken in den Kastanienalleen des Schlossgartens füllen zu können und so den Gesamteindruck des historischen Gartens für die Zukunft zu bewahren. Dabei darf man sich nicht über die Größe der neu gepflanzten Setzlinge wundern. Sie wurden schonend im Spülverfahren entnommen und haben so bei der Pflanzung bereits eine Pfahlwurzel, die länger ist als der oberirdische Trieb. Diese jungen Pflanzen wachsen schneller in Form als herkömmliche junge Bäume, die bei der Verpflanzung einen Großteil ihres Wurzelwerks verloren haben.

Nachhaltig und für die Zukunft gerüstet

Der Gedanke hinter dem Projekt lautet „Naturverjüngung“: Vor Ort wird mit den Kräften der Natur gearbeitet. In der Schwetzinger Baumschule wird der eigene „Baumnachwuchs“ des historischen Schlossgartens kultiviert. Die Setzlinge werden aus Schwetzinger Bäumen gezogen, also aus den Bäumen, die sich den Standortbedingungen angepasst haben. Und damit in ihren Genen die Möglichkeit tragen, sich auf lange Sicht den durch den Klimawandel veränderten Bedingungen – vor allem der Trockenheit – von vornherein anzupassen. Denn, so Prof. Dr. Harmut Troll, der Projektleiter, mit Blick auf das ungewohnte Bild der mit Wuchshüllen geschützten Setzlinge inmitten der altehrwürdigen Allee: „Die Zielrichtung für den Erfolg des innovativen Projektes ist nicht die Bildwirkung der ersten fünf Jahre, sondern die der zweiten fünfzig Jahre.“

Pflanzung in Tonröhren

Durch die kleinen Pflanzgrößen können sich die Setzlinge optimal an die neuen Bedingungen anpassen und werden widerstandsfähiger. Die Pflanzung erfolgt zunächst in Tonröhren, die einen geschützten Raum bieten: Die so heranwachsenden Bäume haben keinen Kontakt mit kontaminierter Erde, können Pfahlwurzeln ausbilden und sich optimal entwickeln. Weitere Vorteile: Die Wurzeln sind gesichert gegen Tierfraß und dem Pilzbefall wird optimal vorgebeugt. Unterhalb der Tonröhren wird zudem ein etwa 1 Meter tiefes Loch gebohrt: Über einen mit Tonkugeln gefüllten Schlauch wird Luft in die Tiefe geleitet. So entstehen optimale Bedingungen für das Wurzelwachstum und die junge Pflanze kann ein tiefreichendes Wurzelwerk ausbilden, das auch in Dürrezeiten Wasser finden und den Baum gegen Stürme sicher verankern kann.

ALte Traditionen neu belebt

Bei dem gesamten Projekt – von der Gründung der Baumschule bis zur Anpflanzung – besinnen sich die Fachleute auf altes Wissen und traditionelles Handwerk. Wie wurden neue Baumsorten im 18. Jahrhundert eingeführt und wie funktionierten Baumschulen? Wie sahen die kulturellen Fähigkeiten im Umgang mit der Natur aus? Genau solches Wissen und die entsprechenden Fähigkeiten zählen übrigens in vielen Bereichen, darunter auch für Gärten, zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Es geht also darum, alte Erkenntnisse neu zu interpretieren und für den Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu adaptieren.

Ein Innovatives Projekt

Das Projekt der Staatlichen Schlösser und Gärten ist einmalig und innovativ. Dafür hat Prof. Dr. Harmut Troll ein Team aus Spezialisten aus den Gebieten Arboristik, Experimenteller Pflanzenökologie, Bodennutzung und Kultivierung in Baumschulen um sich versammelt. „Es ist uns wichtig, die Besucherinnen und Besucher an unserem wegweisenden Projekt teilhaben zu lassen. Wir planen, Infotafeln bei den Neupflanzungen aufzustellen,“ erklärt Hartmut Troll. In den nächsten Jahren wird es auch darum gehen, die Situation der Bepflanzung immer wieder zu evaluieren: Wie entwickeln sich die Bäume, auch mit Vergleich mit früheren herkömmlichen Anpflanzungen? Lässt sich die Vorgehensweise übertragen? Das ist ein wichtiger Aspekt: Denn in fast allen Schlossgärten, die die Staatlichen Schlösser und Gärten betreuen, sind Kastanienalleen zu finden.

Schlossgarten
täglich 9.00 bis 20.00 Uhr, letzter Einlass 19.30 Uhr

Garteneintritt
8,00 €, ermäßigt 4,00 €, Familien 20,00 €

Seit dem 4. März wieder einstündiger Rundgang durch das barocke Paradegeschoss des Schlosses: Freitags um 14 Uhr; samstags, sonn-und feiertags jeweils um 11, 13.30 und 15 Uhr

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