24.10.14
Barockschloss Mannheim
Kostbare Standuhr bereichert den Coursaal
(ssg) Der Zufall half, dass eine große barocke Standuhr,
die aus dem Mannheimer Schloss stammen soll, ihren Weg dorthin
zurück findet. Die Uhr aus Privatbesitz offenbarte bei der
genaueren Untersuchung ihre kostbare Verarbeitung – verlässliches
Zeichen, dass die Uhr tatsächlich aus einem höfischen
Umfeld stammt. Nach der aufwendigen Restaurierung durch die Fachleute
der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
wird sie nun im Coursaal in der Beletage zu sehen sein.
Der Glücksfall eines Zufallsfundes
Es war ein Zeitungsartikel, in dem über das Mannheimer Schloss
berichtet wurde, der die spätere Erwerbung ins Rollen brachte:
Die Besitzerin einer mahagonifarbenen Standuhr aus dem 18. Jahrhundert
meldete sich bei den Staatlichen Schlössern und Gärten.
Sie berichtete von einer Familienüberlieferung, nach der das
Stück aus dem Mannheimer Schloss stammen sollte. Die aufwendige
Verarbeitung machte die Herkunft wahrscheinlich – und noch
wahrscheinlicher wurde dieser Ursprung, als die Restauratoren der
Staatlichen Schlösser und Gärten entdeckten, was sich
unter dem mahagonibraunen Anstrich verbarg. Die ursprünglich
helle Holzoberfläche der Uhr schmücken kunstvollen Bemalungen:
Pflanzen, Blüten, Vögel, Falter und eine kleine figürliche
Szene – alles aus Gold! Jetzt sind sie wieder zu sehen.
Gold und Silber mussten freigelegt werden
Die Restaurierung der Standuhr war eine Herausforderung. Die Restauratorin
Anna Haas musste den Uhrenkorpus „entschichten“:
Er war komplett mit einer Malerei bedeckt, die eine Mahagoni-Oberfläche
nachahmte. In einem analytischen Prozess, in dem Mikroskop und
chemische Lösemittel zum Einsatz kamen, wurde anhand von „Anschliffen“ der
Aufbau der Malschichten ermittelt. So konnte auch festgestellt
werden, dass es sich bei der „Vergoldung“ in Wirklichkeit
nur um eine Imitation handelt, bei der Silber mit Goldlack überzogen
wurde.
Sisyphusarbeit der Restauratorin
Für die Restauratorin begann jetzt die eigentliche Arbeit.
In kleinteiliger Sisyphusarbeit weichte sie die Übermalung
mit Acetonkompressen auf und trug den Lack mit Wattestäbchen
und Skalpell ab. Die Herausforderung bestand darin, die Malschicht
so vorsichtig zu lösen, dass die darunter verborgene Goldimitation
nicht beschädigt wurde. Keine leichte Arbeit: Die junge Restauratorin
arbeitete dafür Tag für Tag mit einer Lupenleuchte, um
die Details ihres Arbeitsfeldes erkennen zu können.
Tapete im Inneren
Ein weiterer aufwendiger Arbeitsgang bestand in der Restaurierung
des Gehäuseinneren. Im Inneren der Uhr befinden sich Reste
eines Marmorpapiers, das mit Tapete überklebt ist. Dieses
Papier wurde besonders im 18. Jahrhundert verwendet, was der
Entstehungszeit der Uhr entspricht. Erste Versuche, das originale
Marmorpapier wieder sichtbar zu machen, scheiterten daran, dass
Tapete und Marmorpapier nicht ohne größere Verluste
voneinander getrennt werden konnten. Die Restauratorin entschloss
sich deshalb dazu, die Tapetenüberklebungen zu belassen
und zu reinigen und zu festigen.
Ausbesserung von Fehlern im Furnier
Noch ein kniffliger Teil der Restaurierungsarbeiten betraf das
Furnier. Wie sich herausstellte, wurden im Laufe der Zeit verschiedenste
Ergänzungen an der Uhr vorgenommen – Reparaturen,
die nicht immer der Qualität des Stückes entsprachen,
etwa Furnierergänzungen in einer falschen Holzart oder entgegen
der Faserrichtung. An anderen Stellen wurde schlicht weißer
Kitt für Ausbesserungen verwendet worden. Jetzt konnten
diese Fehlstellen mit den passenden Hölzern –Nussbaum,
Ahorn und Zwetschge – aufgefüllt werden.
Die Restaurierung als grosser Gewinn für
das Schloss
Die Uhr hat ein qualitätsvolles Werk mit Kalendarium, Mondphasen
und astronomischen Angaben, die Zwickelfelder über den Zifferblättern
schmücken Ranken und Fischwesen aus Messing. Das Uhrwerk der
Standuhr ist nun ebenfalls restauriert. Die glänzenden Messingornamente,
das warm leuchtende Holz und die goldenen Malereien zeigen eindeutig
eine Uhr, deren Herkunft aus dem kurfürstlichen Schloss sehr
wahrscheinlich ist. Für das Team aus Restauratoren und Kunsthistorikern
bei den Staatlichen Schlössern und Gärten war die Wiederentdeckung
und Restaurierung ein Glücksfall und eine anspruchsvolle Aufgabe – und
für Schloss Mannheim ist das kostbare Stück ein absoluter
Gewinn.
Fotos: Anna Haas/ssg |