Von der Festung zum Barockschloß

Die Architektur der kurpfälzischen Residenzen

Die Kurpfälzischen Residenzschlösser in Heidelberg, Schwetzingen und Mannheim

1. Heidelberg

Älteste Schloßanlage vermutlich die "Obere Burg" auf der Molkenkur, Beginn bis Mitte 12. Jahrhundert, wahrscheinlich bischöflich-wormsische oder salische Burg am Ausgang des Neckartals, mit Burgweiler um die Peterskirche.

Gründung der Stadt Heidelberg neben dem alten Burgweiler vermutlich um 1224, zusammen mit Schloß-Neubau auf der Terrasse unmittelbar über der Stadt am Beginn des 13. Jahrhunderts (Architekturfragmente).

Erhaltene Bauten im Schloß:

Ruprechtsbau (Ruprecht, Pfalzgraf 1398, Dt. König 1400 - 1410), im Untergeschoß Bau des 15. Jh., wohl mit Fachwerk-Obergeschoß; im 16. Jahrhundert gründlich erneuert. Im Erdgeschoß "Rittersaal" mit 4 Kreuzrippengewölben über zentralem Pfeiler (ca. 1520/30) und Renaissance-Kamin (1546).

Ludwigsbau (Ludwig V., 1508-44), spätgotischer Wohnbau, an die Ostmauer der ersten Burg gelehnt, auf älteren Fundamenten.

Bibliotheksbau (Ludwig V.), vor die alte westliche Bauflucht in den ehemaligen Zwinger hineingebaut, annähernd quadratischer Grundriß, von Anfang an durchgehend eingewölbt.

Gläserner-Saal-Bau (Friedrich II., 1544 - 1556), auch "Neuer Saal" genannt, an der Stelle eines älteren Gebäudes und unter Verwendung von älterem Mauerwerk an der Nordseite errichtet. Alter Tordurchgang durch vorspringenden Flügel aufgenommen und betont. Prunkstück war der mit venezianischem Spiegelglas ausgestattete Festsaal im Obergeschoß. Schmuck der Hofseite durch vorgelagerte rundbogige Arkadengänge in allen Stockwerken; erster Bauteil mit Renaissance-Formen.

Ottheinrichsbau (Ottheinrich, 1556 - 1559), erster Renaissance-Palast im deutschen Schloßbau, italienischen und niederländischen Vorbildern folgend. Saalgliederung im Innern, durch mittelalterliche Wendeltreppen zugänglich. Fassadengestaltung mit reichem Figurenschmuck als Ausdruck des Regierungsprogramm des Kurfürsten:

Regierung, gestützt auf militärische und politische Macht und auf Tugenden, unter einem glücklichen Gestirn

Bildhauerarbeiten: Meister Antoni (wahrscheinl. Niederländer) und Alexander Colin aus Mecheln.

Friedrichsbau (Friedrich IV.), 1601 - 1607; nimmt die Idee des Figurenschmuckes in der Fassade wieder auf:

Legitimation der Herrschaft durch dynastische Herleitung - Ahnengalerie des Bauherrn:

Auswahl durch Friedrich IV. selbst, Mitwirkung des Hofhistorikers Marquard Freher (+1614)

Baumeister Johann Schoch (Straßburg), Bildhauer Sebastian Götz (Schweiz)

Englischer Bau (Friedrich V.), 1612 - 1619, geht auf den Klassizismus Palladios zurück, vermittelt durch den engl. Architekten Inigo Jones. Erster Schloßflügel mit Hauptfassade zur Stadt hin.

Zerstörung des Schlosses 1689 und 1693, dann Wiederaufbauarbeiten, 1764 erneute Zerstörung durch Blitzschlag, ab da Ruine. Wiederherstellungsarbeiten 1889 - 1901 am Friedrichsbau und an der Fassade des Ottheinrichsbaus.

Neubauprojekte in Heidelberg:

Matteo Alberti: Barockresidenz vor der Stadt mit Front zum Neckarufer, Hauptgebäude ca. 360 x 250 m, gesamtes Schloßareal mit Garten und Remisen in der Größe der heutigen Weststadt. Größte jemals in Europa geplante Schloßanlage.

Barockflügel als Westflügel des (Berg-)Schlosses, unter Niederlegung von Ruprechts-, Bibliotheks- und Frauenzimmerbau geplant, Stückgarten als Eingangsparterre, schräge Rampe als repräsentativer Aufstieg von der Stadt her (Ansatzpunkt Märzgasse).

2. Schwetzingen

Älteste Burganlage: Mittelalterliche Wasserburg mit erhaltenen Mauerresten im Corps de Logis, erstmals erwähnt 1350, seit 1427 in pfalzgräflichem Besitz. Zerstörung im Verlauf des 30jährigen Krieges, aber noch guter Zustand der Mauern und Kellergewölbe.

Umbau des Schlosses 1655-58 unter Kurfürst Karl Ludwig als Jagdschloß und Mätressensitz für Luise von Degenfeld.

Hauptgebäude des Shlosses Schwetzingen nach einem Riß Breunigs 1701 (Karlsruhe, GLA)

Zerstörung im Orleansschen Krieg 1689. Danach Wiederaufbau auf altem Grundriß 1698-1701. 1710-14 Zufügung der Ehrenhofflügel, 1714-18 des Westflügels zur Kaschierung der unregelmäßigen Westfront nach Plänen von Sarto und Breunig: symetrische Gartenfront.

Mit den Ehrenhofflügeln und dem Gartenflügel Ausrichtung der ganzen Anlage auf "Schloßachse" (Königstuhl - Kalmit); 1734 Ausbau der Schloß-Achse zur Chaussee nach Heidelberg.

1749/50 und 1755 Bau der Zirkelbauten zum Garten hin.

Neubauprojekt 1747 mit zentralem Schloßbau ("Jagdstern") in der Mitte des Zirkels und sternförmig ausgehenden Alleen. Zweites Neubauprojekt 1753 an der Stelle des alten Gebäudes (Pigage, Rabaliatti, Neumann). Aufgabe der Neubauprojekte zugunsten des Schlosses Benrath bei Düsseldorf (1755 - 1769), in das viele Schwetzinger Pläne eingeflossen sind.

Badische Heimat - Nachrichten und Notizen ist das Mitteilungsblatt der Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg) des Landesvereins Badische Heimat e.V. (Geschäftsstelle: Haus Badische Heimat, Hansjakobstr. 12, 79117 Freiburg) und erscheint 6 mal im Jahr in der Verantwortung des Vorstandes der Bezirksgruppe. Das Mitteilungsblatt wird an Mitglieder kostenlos abgegeben.

Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg und Umgebung):

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Tel. 06221 - 783751; Fax über 06202 - 26179

Konto der Bezirksgruppe: Volksbank Kurpfalz (BLZ 672 902 00) Nr. 10 55 13 07

3. Mannheim

Stadtgründung 1607 mit niederländisch beeinflußtem rationalistischen Grundriß; Festungsstern mit eigens befestigter Zitadelle ("Friedrichsburg"). Zerstörung 1622, Wiederaufbau nach 1650; 1663/64 einfacher Schloßbau. 1672 Schloßbauprojekt für Kurfürst Karl Ludwig durch Jean Marot im Bereich der Zitadelle unter Einbeziehung der Bürgerstadt. Nach der Zerstörung 1689 kein Wiederaufbau der Zitadelle.

2. Juli 1720 Grundsteinlegung für Residenzschloß des Kurfürsten, 1760 Vollendung; Baumeister waren de la Fosse, Froimont, Hauberat, Bibiena und Pigage.

Umzug des Hofes bereits 1720 nach Mannheim, Residenz im Sommer in Schwetzingen, im Winter in einem angemieteten Palais am Marktplatz.

Ehrenhofanlage mit die Ecken betonenden Pavillons und zentralem Mttelpavillon (Rittersaal, Treppenhaus), flankiert von Schloßbibliothek und Schloßkirche. Aus- und umgreifende Seitenflügel: Remisen und Jesuitenkomplex. Dadurch Versinnbildlichung des Herrschaftsprogramms:

Machtausübung des Hofes gestützt auf Wissenschaft und Religion

Wegzug des Hofes 1778 nach München (Bayerische Erbschaft), 1795 Zerstörung des Ballhauses im Westflügel durch österr. Bombardement. Nach 1803 Nebenresidenz der bad. Markgrafen und Schloßmuseum. 1943 Zerstörung des Schlosses und Wiederaufbau der Fassaden, des Rittersaals mit Nebensälen und Treppenhaus und der Schloßkirche nach 1945.

Neue und grundlegende Literatur:

Heidelberg

Gamer, Jörg: Matteo Alberti. Düsseldorf 1978
Oechelhäuser, Adolf von: Das Heidelberger Schloß. 8. Aufl. bes. v. Joachim Göricke. 
Heidelberg: Guderjahn, 1987 (mit ausführl. Bibliographie)
Das Heidelberger Schloß. Fotografie Franz Schlechter, Text (dt./engl.)Volker Sellin, 
Hanns Hubach. Heidelberg: Edition Braus, 1995

Schwetzingen

Fuchs, Carl Ludwig: Die Innenraumgestaltung und Möblierung des Schwetzinger Lustschlosses im 18. und 19. Jahrhundert. Diss. Heidelberg 1975

Fuchs, Carl Ludwig: Schloß Schwetzingen [ein Kurzführer] / Hrsg. Staatl. Liegenschaftsamt Heidelberg ... Schwetzingen: Schimper, 1991.

Mannheim

Die Kunstdenkmäler des Stadtkreises Mannheim. Bearb. v. Hans Huth (Die Kunstdenkmäler in Bd.-Wttbg.) München: Dt. Kunstverlag, 1982 (mit ausf. Bibliogr.)

Wolf, Jürgen Rainer: Jean Clemens Froimont (um 1686 - 1741) und der Bau des Mannheimer Schlosses für Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz - Ein unbekannter Rechenschaftsbericht. In: Mannh. GeschichtsBlätter 1 (1994) S. 109 - 180

Gamer, Jörg: Jean Marot in den Diensten des Kurfürsten Karl Ludwig... In: Heidelbg. Jahrbücher 1962 S. 73-94


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