1499 im Schwabenkrieg kapitulierte die Besatzung der Küssaburg
vor den Eidgenossen, die ihre Eroberung nach dem Frieden von
Basel aber wieder an Graf Rudolf von Sulz zurück gaben.
26 Jahre später kam Rudolf erneut in Bedrängnis, als
aufgebrachte Bauern die Burg belagerten und Teile der Vorburg
zerstörten.
Nachdem er den Bauernaufstand grausam niedergekämpft hatte,
baute er die Burg nach neuen Erkenntnissen aus: Die Vorburg wich
einem freien Schussfeld, massive halbrunde Türme mit Schießscharten
für schweres Geschütz entstanden. Das Ende dieser Festungsanlage
kam rund hundert Jahre später im Dreißigjährigen
Krieg: In panikartiger Reaktion auf die Falschmeldung, die Schweden
seien im Anmarsch, steckte die kaiserliche Besatzung alles an,
was brennen konnte. Die Burg wurde danach nicht wieder in Stand
gesetzt. Christian Ruch, der die Geschichte der Küssaburg
von den Anfängen im 12. Jahrhundert bis zu ihrer Zerstörung
1634 erforscht und übersichtlich dargestellt hat, überschreibt
das letzte Kapitel: »Ein unrühmliches Ende«.
Sein Beitrag ist Bestandteil einer Publikation des Küssaburg-
Bundes zu dessen 75-jährigem Bestehen.
Andreas Weiß erforschte die Geschichte dieser 1934 gegründeten
Vereinigung, die »Schutz und Erhaltung der Burgruine Küssaburg« zum
Ziel hatte und hat. Ausführlich behandelt er, wie die NSDAP
die weithin sichtbare imposante Ruine, die seit dem 19. Jahrhundert
mit seiner Burgenromantik ein Besuchermagnet war, für Aufmärsche
von Parteiformationen und Kundgebungen nutzte, was er auch im
Bild belegt. Auch die Theateraufführungen unter freiem Himmel
dienten Propagandazwecken. Zielgruppe waren nicht nur die Menschen
im Klettgau und den umgebenden deutschen Landstrichen, sondern
auch in der Schweiz. Es galt, »den Stammesbrüdern
im Nachbarland« zu zeigen, »dass der Rhein keine
Grenze für das deutsche Volkstum bildet«. Ob das Festspiel »Die
elf Schill’schen Offiziere«, die Geschichte preußischer
Helden aus der Napoleonzeit, dazu geeignet war, sei dahingestellt;
besser passten jedenfalls »Kaisergericht auf der Küssaburg«,
die »Salpeterer« oder »Teufel von Wanzenau«.
Während des Dritten Reichs wurde die Straße zur Ruine
ausgebaut und eine Jugendherberge am Berghang errichtet.
Ausführlich dokumentiert der Autor auch das Schicksal der
Ruine, des Küssaburg-Bundes beziehungsweise seiner Akteure
und seines Vermögens während der Besatzungszeit bis
zur Neugründung 1956 durch Landrat Wilfried Schäfer.
Unter Schäfers Nachfolger im Vorsitz des Bundes, Franz Schmidt,
Altbürgermeister von Tiengen und Verfasser einer Geschichte
des Klettgaus, ging das Eigentum an der Ruine durch Kauf vom
Land Baden- Württemberg an den Landkreis Waldshut über.
Die Küssaburg wurde zum Wahrzeichen des Landkreises. Nach
wie vor zieht sie Besucher an; immer noch bietet sie eine prachtvolle
Kulisse für Großveranstaltungen. Die Fischer-Chöre
waren schon da und Hansi Vogt auf Sonntagstour. Eine beständige
Herausforderung für den Landkreis als Eigentümer und
den Küssaburg-Bund ist die bauliche Erhaltung der Ruine.
Die beiden Autoren des Büchleins sind studierte Historiker
und mit der Gegend verwachsen. Ihr Werk erfüllt die Kriterien
eines regionalgeschichtlichen Sachbuchs; eine wissenschaftliche
Ausgabe mit Anmerkungsapparat und Literaturliste ist im Gemeindezentrum
von Küssaberg hinterlegt. Es darf sich aber auch Burgführer
nennen dank der Erklärung der Bauelemente der Burg- und
Festungsanlage im Rahmen eines Rundgangs, einer großmaßstäblichen
Faltkarte zum Ausklappen und der Beschreibung verschiedener Wanderwege
auf den heiligen Berg des Klettgaus. Andreas Weiß und Christian
Ruch haben dazu beigetragen, dass sich das Verhältnis von
Wissen und Legenden über die Küssaburg zu Gunsten des
Ersteren verschiebt.
Renate Liessem-Breinlinger |