Anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich
Hecker hat es Kurt Hochstuhl in der Reihe Mensch - Zeit - Geschichte
des Kohlhammer Verlags unternommen, neu zu klären, wer dieser
Mann war, was machte und macht ihn so populär und was ließ ihn
diesseits wie jenseits des Atlantiks zu einem einflussreichen
Menschen werden? »Die Reise zur Entdeckung dieses vielseitigen,
z.T. widersprüchlichen, häufig unbequemen Charakters< gehe
- mindestens im übertragenen Sinne - nach 200 Jahren nach
seiner Geburt nicht zu Ende« (S. 6). Eine vorläufige
Antwort zur Bedeutung Heckers in seiner Zeit nimmt Hochstuhl
schon im Vorwort vorweg. Einem Diktum von Joachim Fest folgend,
interpretiert er historische Größe als die Fähigkeit »das
Denken und Fühlen seiner Zeit zu bündeln« und »daraus
allgemein gültige politische Verhaltens- und Handlungsstrategien
zu ziehen« (S. 6). Diese Eigenschaften besaß Hecker
nach Hochstuhl »in herausragender Weise«. Im Badischen
Landtag beherrschte Hecker neben »einer klaren, allgemein
verständlichen Sprache, rhetorische Kniffe, wusste seine
Körpersprache einzusetzen.« Er besaß die Fähigkeit, »die
Dinge auf den Punkt zu bringen« (S. 33). Anders wie die
Autoren Lück und Freitag, die über Hecker geschrieben
haben, sieht unser Autor Gustav Struve als Alter Ego Heckers,
als »einen Bruder im Geiste« (S. 35). Struve vermittelte
dem »Gefühlsradikalen das theoretische Rüstzeug« und
half ihm, »das politische Gedankengebäude zu entwickeln
und zu ordnen, in dem Hecker zukünftig operieren sollte.« (S.
35) Das Scheitern der »republikanischen Schilderhebung« in
Kandern interpretiert Hochstuhl nur im Hinblick auf Heckers Karriere,
nämlich dass er sich der Chance begeben hatte, sich weiterhin
mit seinem Gewicht und seiner Stimme in den politischen Re- formprozess
einzubringen« (S. 71). Autoren wie Freitag und Engehausen
richten den Blick vor allem auf die Folgen für den Reformprozess
(Engehausen S. 88, Freitag S. 124). Im Scheitern Heckers sieht
Hochstuhl einen »romantischen Reiz«, »der das
Scheitern bis heute umgibt«. Das Scheitern »gab seinem
Kampf eine besondere Note und vollendete in gewisser Weise den
Mythos, der seine Person umgab.« (S. 71) Hochstuhl sieht
Hecker auch gefangen in diesem Mythos und selbst gewillt, ihm
auch zu entsprechen« (S. 72). Das Weiterwirken des Hecker-Mythos
sieht Hochstuhl darin, dass Hecker »in der revolutionären
Arena Entwicklungen vorweggenommen hat, deren umfassende Wirkungen
erst nach langen und leidvollen Umwegen in der demokratischen
Staatsform zum Tragen kommen«, die die Geschicke unseres
Landes bis 1989/90 prägten (S. 6).
Heinrich Hauß |